Verein Schmöckwitzer Wassersportler e.V.

Berichte und Bilder von Fahrten

Mit dem Stagsegelschoner SS Qualle auf dem Atlantik unterwegs

Im letzten Winter erhielt ich von meinem Freund Berni einen Anruf. Er bat um meine Unterstützung bei seinem Projekt, die Qualle im Winter 2015/2016 in der Algarve überwintern zu lassen. Hierbei stehe die Etappe über die Biscaya mit Wachplan an und er bräuchte noch einen Wachführer… kurz bei Familie und Arbeitgeber um Erlaubnis gebeten und schnell stand fest, ich bin dabei.

Insofern trat ich am Freitag, den 04.09.2015, ab 1900 nach langen Internetrecherchen meine Anreise nach Brest, dem westlichsten Punkt Europas, an. Mit dem Linienbus von Berlin nach Paris und ab dort mit dem TGV nach Brest. Das ganze kostete ganze 79 €…

Dort am Samstag um 1550 angekommen, holten mich Berni und Finn vom Bahnhof ab. Der Hafen hat angesichts der Tide eine ganz andere Ausstrahlung. Da das Wasser gerade weg war, lagen die Schiffe alle wie in einem Loch, an riesigen Schwimmsteganagen gehalten von noch größeren Dalben, die hoch in den Himmel ragten. Taschen ab in die Koje, das Empfangsgelage ließ nicht lange auf sich warten….

Besatzung:

Skipper Berni
sein Sohn Finn
dessen Freundin Julia
Paty & Gäste (Torsten, Petra, Katrin sowie Selim und Gökcem)

Sonntag, 06.09.2015 – Mittwoch, 09.09.2015

Nach dem Wasser- und Lebensmittelbunkern sowie dem Einweisen der Gäste legen wir bei nur leichter Bewölkung um 1320 ab. Nachdem wir aus der Bucht von Brest rausgekommen sind, erstrecken sich die Weiten der Biscaya vor uns. Gute 350 Seemeilen liegen vor uns. Der Wind weht anfangs aus NE mit etwa 2 Windstärken, nimmt zum Abend hin auf 4 zu und dreht auf E. Das beschert uns eine relativ beständige Fahrt zwischen 6-9 Knoten, wo sonst um die 5-6 kts üblich sind.

Segelfeeling stellt sich ein, die Wachen werden eingeteilt. Paty beginnt mit der Wache 4-8, Berni folgt zwischen 8-0 und Finn hat die letzte Wache von 0-4 inne. Die restliche Mannschaft sucht sich ihren Wachführer aus. In diesen Konstellationen auch im Hinblick des Windes ging es nun Tag für Tag, Nacht für Nacht.

Schnell wird mir der Unterschied zu unserer geliebten Ostsee klar. Die Wellen auf dem Atlantik sind viel länger, viel höher und energiereicher – ein Wahnsinn – es gibt angesichts der enormen Wassertiefen kaum Betonnung auf dieser Ecke, die Ströme der Tide können enorm schieben, aber auch enorm bremsen – schnell wird man zum Spielball der Naturgewalten, in der Biscaya findet im Vergleich zur Ostsee kaum Schiffsverkehr statt, die Nächte sind sehr dunkel, weshalb man deshalb sehr gut viel mehr Sterne sehen kann. Schiffsverkehr gibt es scheinbar keinen.

Auf See sind die Tage wolkenlos, die Nächte glasklar. Allerdings ist ganz deutich die Zeitverschiebung zu spüren, Sonnenauf- und –untergang finden erheblich – fast 1,5 Stunden - später statt.

Im Laufe des Montags werden wir streckenweise ganz dicht neben uns von Delfinen begleitet. Ein komisches Gefühl, gibt es auf der Ostsee ganz selten eher scheue Schweinswale zu sehen, die jedoch einen größeren Abstand zum Schiff bevorzugen.

Irgendwann scheint sich ein Tanker ohne Fahrt vor uns treiben zu lassen. Ein Blick in die Karte bestätigt die Theorie, denn wir segeln über teils 4500 Meter Wassertiefe hinweg. Da scheint Ankern eher aussichts- bzw. wirkungslos. Ab und zu müssen wir Bruno, die Maschine, mitlaufen lassen, um Strom für Tiefkühltruhe, Kühlschränke, Navigation und Licht zu laden. Ansonsten stellt sich recht schnell eine Art Routine ein.

Dann kommt wieder die Nacht, die Routine steht, doch es sollte anders kommen. Auf der Nacht vom Montag zum Dienstag nimmt der Wind dann doch noch etwas zu…im Ergebnis reißt kurz vor Mitternacht das Fockfall. Finn setzt die Fahrt ohne Fock fort. Erst als es noch ruppiger und die See eckiger wird, klopft Berni - aus der Koje gefallen – gegen 0300 an meiner Koje: Segel kleiner! Fisherman und großer Klüver runter, kleiner Klüver wieder hoch. An der Fock schlagen wir das Monsterfall an und setzen sie wieder. Zum Tausch des Klüvers geht es gesichert ins Klüvernetz. Unter mir der schwarze Atlantik, meine Füße, in den Seestiefeln verpackt, tauchen immer wieder in die dunkle schaumige See, wenn sich unser Steven aus dem Wellental kommend durch die nächste Welle schiebt. Beeindruckend. Und dann gibt es ab und zu „gemischte Gefühle“, die ich von der guten alten Ostsee nicht gewohnt bin – der leichte Ansatz von Übelkeit. Da hilft nur, sich schnell zu befreien, ab nach Lee – frei nach dem Motto: Kotz Dich frei, Spaß dabei! In dieser Nacht fällt der Luftdruck von 1028 auf 1017 hpa. Dennoch bleiben die Temperaturen mit 23 Grad sehr milde.

Gegen 0940 erhebt sich am diesigen Horizont Land – es ist Spanien. Riesige Berge stecken mit ihren Gipfeln in den Wolken bzw. im Dunst fest. Unser Generalkurs mit 209 Grad war zielführend, so dass wir um 1910 in La Curuna (Spanien) fest machen. Nachdem wir uns an den vergangenen Tagen wegen zwei unserer Gäste vegan ernährt hatten, kochte ich zur Abwechslung mal eine richtige Soße: Bolognese.

Den folgenden Tag, es war Mittwoch, der 09.09.2015, deklarierten wir als Hafentag. Unsere Gäste haben in der Stadt genügend zu sehen. Wir als Mannschaft hingegen besorgen ein neues Fockfall, bauen dieses an, versorgen den Stromgenerator mit einer elektrischen Kühlwasserpumpe und besorgen Gas zum Kochen. Zwei 11 kg Flaschen füllen zu lassen, kostet hier 90 €. Das Liegegeld für zwei Nächte schlägt mit 158 € zu Buche.

Donnerstag, 10.09.2015

Das Gros der Reise für diese Gruppe haben wir erfolgreich hinter uns gebracht und sind uns einig, nur einen kurzen Schlag in der Bucht machen zu wollen und wählen als Zielhafen den nur 10 sm entfernten Hafen Sada Marina. Der Wind weht mit 2 Bft aus NW, trotz Sonnenschein und vereinzelten Wolken ist die Sicht eher diesig, die Wellen in der Bucht enorm hoch. Befindet sich ein Fischer im Wellental können wir sein Schiff nicht mehr sehen.

In Sada fest erwartet uns der Sommer mit Palmen am Wegesrand, wo in Deutschland eher Eichen zu finden sind. Schnell verstreut sich unsere Mannschaft im Ort, stürmt mit verschiedenen Prioritäten den Carrefour (Supermarkt). Wir Berni und ich wechselt in der Zeit den Thermostaten unseres Warmwasserboilers. Anschließend begeben wir uns im Ort auf die Suche nach einem Torx 20er Bit. In zwei Werkzeugläden ist nichts zu machen. Jedoch haben wir unser heiß begehrtes Wellenfett erhalten und statten dem Supermarkt ebenfalls einen kleinen Besuch ab. Unsere Priorität: Fleisch, endlich viel Fleisch, und so wird unsere Tiefkühlung ordentlich voll, das Essen der nächsten Tage ist gesichert.

Freitag, der 11.09.2015

Für diesen Tag haben wir uns als Ziel Muxia gesetzt. Das befindet sich 55 sm südlicher von Sada. Ein langer Weg, wo es sinnvoll ist, unbedingt die Tide für sich zu nutzen, insbesondere wo Sada in eine Bucht als Trichter liegt. Vor diesem Hintergrund entschliessen wir uns, einen „Pyjamastart“ hinzulegen, das ablaufende Wasser in Speed umzusetzen. Um 0520 legen wir bei dunkler aber sternenklarer Nacht mit SSE und 3 Bft ab. Nur Berni, Finn und ich an Deck. Eine tolle Ruhe…

Im Laufe des Tages bewölkt sich der Himmel immer mehr, die Temperaturen kommen über 17 Grad nicht hinaus, währenddessen der Wind auf SSW dreht. Der Luftdruck hing immer noch bei 1017 hpa.

Muxia begrüßte uns um 1430 mit einem komischen Hafenfest, das erst um 2200 beginnen aber dafür bis zum nächsten Morgen andauern soll. Das Fest hatt irgendetwas mit dem hier endenden Jacobsweg und der Kirche des Ortes zu tun.

Die beiden veganischen Gäste verlassen uns hier, ziehen es vor, über Land Porto erreichen zu wollen. Offensichtlich sind sie vom Fest und der durchaus lauten Musik genervt, haben sich als Veganer das Leben an Bord anders vorgestellt. Wer weiß das schon?

Samstag, 12.09.2015

Das Auslaufen aus Muxia gestaltet sich angesichts der Dünung, der Untiefen und der vom Atlantik auflaufenden Welle sehr unangenehm. Die Qualle holt enorm über, der Wind reicht nicht ganz aus und Bruno muss wieder helfen. Um durch das Schlagen das Großsegel nicht zu verlieren, nehmen wir es wieder runter.

Eigentlich wollen wir weiter nach Finisterre, doch es sind an den folgenden Tagen starke Winde vorhergesagt, so dass wir dann Hafentage eingeplant hatten. In Muxia macht man uns jedoch darauf aufmerksam, dass Finisterre lediglich eine Ankermole sei, an der es sich nicht lohnt, einen Hafentag einzulegen.

Insofern gehen wir noch ein paar Meilen südlicher bis Muros. Nach insgesamt 39 sm erreichen wir wieder den im geschützten Fjord gelegenen Club Nautico. Der erste wirklich tolle Hafen mit W-Lan, Kaffeeautomat, Waschmaschinen und tollen Duschen sowie einem niedlichen Wohnzimmer.

Abends besuchen wir unser Bordkino und schauen geschlossen „Das Boot“, auf dessen Spuren wir uns bewegen…

Sonntag, 13.09.2015

Hafentag in Muros. Auch hier hängen die Wolken an den Bergen fest, ergießen sich morgens wie Gießkannen an Deck. Später bleibt es trocken und die Sonne setzt sich durch. Zeit und Gelegenheit zum kleinen Stadtspaziergang und zum Wäschewaschen.

Nach einem Curryreis mit Putengeschnetzelten findet sich die Stammbesatzung der Quallle wieder im Bordkino zusammen. Captain Phillips wird bei einem Sommerlongdrink aufgeführt. Im Salon ist es angenehmer als im kühlen, dunklen und mittlerweile wieder feuchten Abend an Deck.

Montag, 14.09.2015

Noch in Dunkelheit legen wir mit ablaufendem Wasser um 0800 in Richtung Vigo – auf den Spuren von U96 – ab. Angesichts des starken Windes der vergangenen Stunden stand noch trotz des nur schwachen Windes aus WSW eine dominante Welle von etwa 2,4 m. Für so einen kleinen Binnen- und Ostseesegler schon beeindruckend und respekteinflößend. Plötzlich verschwinden wir im Wellental, der Horizont wandert nach oben oder der Fischkutter verschwindet komplett in der See. Wie verschluckt. Weg.

Der Luftdruck liegt bei 1018 hpa, die Wolken hängen feucht und tief an den Bergspitzen fest, vom Atlantik steigt Seenebel auf. Nur langsam kann sich die Sonne durchsetzen und sorgt zumindest auf dem Atlantik für Wolkenlosigkeit. Es wird doch noch ein schöner Tag. Der Wind dreht zwischenzeitlich auf SSW.

Nach 44 sm erreichten wir im sommerlichen Sonnenschein den geschützten Hafen von Vigo. „Jetzt müssen wir nur noch den richtigen Dampfer finden.“ Zitat „Das Boot“. Einlaufend stellen Berni und ich fest, wir haben uns etwas anderes vorgestellt. Uns erwartet eine große Schickimickistadt…

Dienstag, 15.09.2015

Wieder sind draußen bis 9 Bft vorhergesagt. Dauerregen aus Badewannen (22 mm/Std. Niederschlag)…. Hafentag in Vigo. Die einen gehen ins Museum, die anderen in die Bar, die anderen wiederum in die Shoppingmall… und ob es morgen losgehen wird, ist ungewiss.

Abends finden wir einen Abschiedsbrief unserer Frauen Petra und Katrin. Sie haben es bei diesem enormen Dauerregen an Bord offensichtlich nicht mehr ausgehalten und haben uns schlicht verlassen. Also waren wir nur noch zu fünft und haben mächtig einen abgebissen.

Mittwoch,16.09.2015

Verkatert kommen wir gegen Mittag aus den Kojen, trinken einen Kaffee und legen uns wieder hin. Erst am frühen Nachmittag raffen wir uns auf und gehen noch einmal für die nächsten Tage einkaufen. Nach einem kleinen Tomatensalat verschwinden wir wieder alle in den Kojen, schließlich soll es am nächsten Tag früh losgehen.

Donnerstag, 17.09.2015

Mit dem Hochwasser verlassen wir um 0610 den noch dunklen Hafen, Sternenhimmel. Dennoch tragen wir alle Kampfanzug See. Konzentration an Deck, Verkehrstrennungsgebiet und viel Verkehr, deren Beleuchtung nicht immer ganz eindeutig ist. Der Wind weht mit 2 Windstärken aus Süd, dreht später auf West.

Trotz Vollzeug und ablaufenden Wasser geht es nur ganz langsam voran, es steht Strom gegenan. Die Welle von den vergangenen Starkwindtagen stapelt sich auf immerhin noch 4 Meter. Unser Tagesziel ist Porto und ist 77 sm entfernt. Insofern entscheiden wir uns schnell, dass Bruno mitdrücken soll. Und dennoch kommen wir nur selten über 4,5 Knoten hinaus. Es ist ein blitzeblauer Himmel bei knapp 20 Grad und 1018 hpa. Um 1200 „übertreten“ wir die spanisch/portugiesische Grenze. Wir wechseln die Gastlandsflagge. Erst am frühen Nachmittag kippt der Strom und wir laufen um die 6 Knoten, weshalb wir Porto noch im Hellen gegen 2000 Bordzeit – nach deutscher Zeit 2100 - erreichen. Wir stellen die Uhren eine Stunde zurück, UTC +1.

Freitag, 18.09.2015 – Sonntag, 20.09.2015

Die Hafentage nutzen wir, um etliche Waschmaschinen zu waschen. Die frische Wäsche ist - mittags aufgehangen – am Nachmittag/frühen Abend trocken. Morgens gehen wir an den Strand direkt neben der Hafenmole und baden im offenen Atlantik. Die Brandung beeindruckend, die Wellen schleuden einen einfach weg und tragen mich ganz woanders hin. Insofern ist an Schwimmen nicht zu denken. Wir besuchen nach einem Großeinkauf für die folgenden Gäste die Beachbar, bringen unseren letzten Gast Torsten zwecks Heimreise zum Taxi und holen die Frau vom Skipper vom Flughafen ab. Auch eine Sightseeingrunde mit Hop on/Hop off Bussen, ein Besuch im Sandemann-Mutterhaus, eine Sangriaverkostung und ein Abendessen im Grillhaus als Großfamilie der Qualle waren drin.

Montag, 21.09.2015

Besatzung:

Skipper Berni
sein Sohn Finn
Skipper’s Frau Heike
Paty & Gäste (Peterle, Franziska und Markus, Phillip)

Nach dem Wasserbunkern, einer Segel- und Sicherheitseinweisung sowie einem ausgiebigen Frühstück legen wir um 1130 bei absolutem Sommerwetter mit 1021 hpa in Richtung Aveiro, einer schützenden Bucht an der Atlantikküste, ab. Diese erreichen wir um 1800 und lassen bei 7 Metern Wassertiefe 25 Meter Kette fallen. Den Hafen erreichen wir nicht, da uns hier bekannterweise eine nur 19 Meter hohe Hochspannungsleitung im Wege steht oder besser hängt. Der leichte Wind weht aus NNW, die Qualle holt angesichts der überschaubaren Fahrt bei noch recht hoher Welle von Achtern recht unangenehm aus. Auch eine Herausforderung für den Steuermann.

Da wir alle vergessen haben, Fleisch aus der Tiefkühltruhe zu nehmen, zaubern Heike und Peterle ein rein vegetarisches Multigemüserisotto frei Schnauze. Sehr lecker.

Dienstag, 22.09.2015

Nach einem leckeren Frühstück mit Aufbackbrötchen lichteten wir um 1015 den Anker. Das Wetter: wie bei uns im besten Sommer. 20 Grad bei 1022 hpa. Der Wind hat im Vergleich zum Vortag etwas zugelegt und weht nun mit 3 Windstärken aus WNW. Wir setzten noch im Hafen Vollzeug, um beim Segelsetzen nicht Spielball der hohen Wellen zu werden.

Nach einem tollen Segeltag mit diversen Halsen erreichen wir nach 37 sm um 1700 den Hafen Eigueira da Foz. Ein kleines Städtchen, dessen Hafen eine Tankstelle vorhält. Wir tanken knappe 700 Liter Diesel.

Peterle und ich bereiten frei Schnauze einen wunderbaren Nudelauflauf zu. Doch leider ist die Auflaufform zu klein, weshalb der Rest unserer Zutaten in den Bräter als Snack für morgen kommt. Dazu reichen wir einen schmackhaften Tomatensalat mit Feta und Basilikum.

Mittwoch, 23.09.2015

Das Sommerwetter setzt sich unverändert fort. Ein toller Segeltag zeichnet sich ab. Bevor wir ablegen, besuchen wir noch die Markthalle in der es nur frische und vor allem regionale Produkte zu sehr günstigen Preisen gibt. Wir entschieden uns 2 Kilogramm Pulpo zum Abendbrot mitzunehmen. Heike und ich wollen zaubern.

Nach dem Wasserbunkern legen wir dann um 1100 ab. Ziel solle nach 43 sm Nazaré sein. Kurz vor dem Einlaufen frischt der Wind noch einmal kräftig auf. Die Felsen der Küste fungieren bei der Brandung wie ein Zerstäuber. Die Küste wirkt nebelig und diesig. Der kleine Fischerort hat für uns leider nur ein Liegeplatz im Fischereihafen zu bieten, an dem es noch nicht einmal Landstrom gibt. Es riecht unangenehm stark nach Fisch und Möwenkot.

Währenddessen Heike und ich ein wunderbares Abendmal aus vielen frischen Zutaten und diesem Pulpo kochen, organisiert die restliche Crew das nächste Abendbrot aus dem Atlantik. Miesmuscheln werden gesammelt, abgestochen, von Pocken befreit und gereinigt. Abends sind alle Seelen satt, die Küche gleicht einem Schlachtfeld.

Donnerstag, 24.09.2015

Von Nazaré soll es nun um 1110 nach Peniche gehen. Das Wetter ist umgeschlagen. Grau in grau, kein Wind und keine Sicht. Dichter Nebel. Jedoch auch kein Schiffsverkehr. Wir ziehen nur Fock und Stagsegel hoch, um der Welle zu trotzen, den Rest soll Bruno erledigen und er schiebt uns fleißig voran. Wir runden den vorgelagerten Felsen mit Leuchtturm und sind 1515 im Hafen von Peniche fest.

Aber auch hier ist das Anlegeverhalten von deutschen Yachtis belegt. Eine deutsche Retroyacht legt etwas eher in Nazaré ab und erreicht demnach auch etwas eher Peniche, legt sich ans Ende des Schwimmkopfsteges und lässt - anstatt gleich aufzuschließen - eine Lücke, in die wir nicht reinkommen. Erst nach direkter Ansprache verholt der Eigner die Yacht, so dass auch wir festmachen können.

Beim Abendessen – es gibt Miesmuscheln in einem Gemüseweißweinsud nebst Weißbrot – stellt sich wieder gute Laune ein, der Stress des Tages nebst den 25 Motormeilen und die Yachtis sind vergessen.

Freitag, 25.09.2015

Früh wollen oder besser müssen wir weiter. Bruno - so heißt unsere Maschine – startet pünktlich um 0700. Unsere Längsseitslieger starten ebenfalls in den noch dunklen Morgen. Sie nach Norden, wir nach Süden. Es ist recht mild, aber dennoch feucht an Deck. Insofern tragen wir alle zumindest eine Ölhose, so dass man nicht bei jedem Hinsetzen oder sonstigen Manöver einen nassen Hintern bekommt. Ein kleines Frühstück gibt es aus der Küche auf die Hand. Ein Essen auf See am Tisch wie auf unserer geleibten Ostsee gibt es angesichts der Grundsee auf dem Atlantik nicht.

Dann wird es langsam hell. Bis zum frühen Nachmittag schiebt Bruno mit. Der Wind ist entgegen der guten Vorhersagen für uns zum Segeln zu schwach und nimmt erst später die benötigte Intensität an. Auf den anstehenden 45 Seemeilen kommt ein Fischer auf uns zu. Was machen? Kurs ausweichend, er dreht nach und hält wieder auf uns zu. Diesmal halte ich den Kurs… mal sehen, was passiert. Dann gibt es eine freudige Fanfare, Gewinke und Gejubel vom Fischkutter. Sie wollten uns einfach nur „Hallo“ sagen und drehen wieder ab. Eine nette Geste.

Ein Bomben Wetter stellt sich ein. Wieder Sommer pur. Je näher wir von Peniche nach Caiscais, einem Nobelvorort von Lissabon kommen, umso wärmer wird es. Wir haben uns für den Vorort entschlossen, weil die Häfen in Lissabon recht voll und noch teurer sein sollen. Von hier gibt es eine direkte S-Bahnlinie alle 20 Minuten nach Lissabon. Der Ticketpreis ist mit knapp 5 € für Hin- und Rückfahrt moderat. Das Liegegeld mit fast 100 € pro Nacht hingegen nicht. Der Pfand für einen Starkstromadapter schlug mit 70 € zu Buche. Aber bei den Stegnachbarn ist das auch kein Wunder… da sieht die Qualle wie ein Opti im Verhältnis zu einem Kielboot aus. Luxus pur. Und auch die legendäre Endeavour war hier neben vielen anderen Rennkisten anzutreffen.

Samstag, 26.09.2015

Planmäßig steht der Hafentag zur Besichtigung Lissabons an. Mit der S-Bahn düsen wir etwa 40 Minuten an die Endstation mitten in der Stadt. Von dort aus startet unsere Erkundungstour und mündet schnell auf dem Hoppon- Hoppoffbus. Hier und da landen wir abseits der Touristenmeilen in einer Gastronomie und stärken uns, lassen uns auf portugiesische Angebote wie Stockfisch & Co. ein. Kann man essen. Auch das Bier und vor allem den Sangria kann man trinken. Ansonsten ähnelt Lissabon sehr Porto oder umgekehrt. Das ist Ansichtssache.

Mit eintretender Dunkelheit treten wir den Heimweg an und werden doch tatsächlich in der S-Bahn auf die Fahrkarte kontrolliert. Auf dem Weg zur Qualle kommen wir am Marktplatz von Cascais vorbei und lassen uns noch einmal auf einen Liter Sangria ein. Der Touristennepp kriecht dann doch in den Vordergrund und wir gehen an Bord, nach Hause. Geschafft nehmen wir an Deck noch einen kleinen Absacker.

Sonntag, 27.09.2015

Für unser teures Liegegeld bunkern wir morgens nach dem Waschen von zwei Waschmaschinen in Cascais noch einmal Trinkwasser richtig voll, legen um 1205 bei Hochsommerfeeling ab. Blitzeblauer Himmel, 25 Grad, Wind aus WSW mit 3 Bft.

Unser Ziel wird angesichts des nachlassenden Windes nach 29 sm Sesimbra sein. Nur ein kleiner Fischerhafen. Einen Liegeplatz gibt es für uns nur an einem Fischersteg wie in Nazaré. Es ist Springzeit und wir haben einen Hub von 3,70 Meter. Strom oder WiFi Fehlanzeige.

Montag, 28.09.2015

In den vergangenen Tagen mussten wir feststellen, dass der Wind in den Nachmittagsstunden zunehmend ist, weshalb wir uns entschließen, erst später in See zu stechen. Wir legen nach einer ausgiebigen Strandbadesession um 1210 in Richtung Sines ab.

Der angekündigte Wind fällt sehr dünne aus und wir müssen die 34 sm motoren. Aber für eine Nacht vor Anker genau das Richtige, denn die Batterien werden ordentlich geladen. Wir starten in Sines die Nacht mit vollen Batterien. Am nächsten Tag wollen wir wieder segeln… mal sehen. Die Vorfreude ist groß.

Dienstag, 29.09.2015

… und deshalb stellen wir uns zu um 0600 die Wecker. Denn wir haben ein langes Etappenziel vor uns. Wir wollen 63 Seemeilen von Sines nach Baleeira nach Süden. Und der Wind meint es gut mit uns. Als die Sonne die dunkle Nacht vertreibt, weht er mit ein bis zwei Windstärken aus NE. Später dreht er auf SE und nimmt wie in den vergangenen Tagen zu, so dass wir bei sonnigen 1020 hpa um 1730 Baleeira erreichen, den Anker stecken.

Auf dem Weg dorthin beobachten wir gegen 1400 an Land eine riesige Gewitterwolke, wie diese zum Amboss wird. Bei uns scheint hingegen die Sonne am blitzeblauen Himmel, währenddessen sich an Land Badewannen zu ergießen scheinen. Die Wolke kommt auf See, aber erreicht uns nicht. Der Wind weht gegen sie und zerpflückt sie. Wir haben Glück gehabt und setzen unseren Weg an der Küste fort.

Um 1600 beenden wir unseren seit Tagen anhaltenden Südkurs, runden Cabo Sao Vicente und erobern die Algarven.

Heike und Peterle bereiten ein leckeres Putencurry. Nach einem deftigen Abendmahl an Deck unternehmen wir mit dem Beiboot noch einen kleinen Landspaziergang.

Mittwoch,30.09.2015

Der letzte große Sprung liegt nun hinter uns, nur noch kurze Etappen liegen vor uns. Entspannt nehmen wir das Frühstück unter freien Himmel an Deck zu uns. Die Sonne lacht.

Nach der zweiten Nacht vor Anker brauchen wir etwas Strom, Wasser und Lebensmittel. Deshalb wollen wir einen kleinen Abstecher nach Lagos machen. Hier soll es alles geben. Für 25 € dürfen wir ein paar Stunden am Rezeptionssteg Strom und Wasser nehmen, waschen mit der Waschmaschine Wäsche. Die Sonne trocknet diese schnell, währenddessen vier Mann den Supermarkt suchen, finden und schnell plündern.

Um 1500 ist alles wieder klar zum Ablegen. Wir verlassen Lagos mit Kurs auf Alvor. Eine kleine idyllische Flussmündung, die wir angesichts des niedrigen Kartennulls nur um und bei Hochwasser erreichen können.

Vor der kleinen Ortschaft erstreckt sich ein dichtes Ankerfeld. Dieses ist jedoch nicht durch Landmarken und Betonnung eindeutig zu definieren. Insofern suchen wir uns einen Ankerplatz mitten drin und liegen bei dem spätabendlichen Niedrigwasser genau richtig. Unmittelbar neben der Qualle erstreckt sich eine trocken gefallene Landkante. Wir loten mit dem Peekhaken. Wir liegen genau an der Kante.

Der Abend ist mit dem abnehmenden Vollmond – demnach hatten wir Springzeit, höchstes Hochwasser und niedrigstes Niedrigwasser einhergehend mit einem Hub von fast vier Metern – hell und mild. Ein netter und gehaltvoller Abend an Deck…. mit den Zigarren meines 40ten…

Donnerstag, 01.10.2015

Hafentag in Alvos vor Anker. Später irgendwann hat die Situation seinen ganz eigenen Charme. Den Strand unmittelbar am Schiff. Muschel sammeln, die Gäste können Landspaziergänge einlegen.

Nach dem ganzen Stress gehen Heike, Berni, Finn und Paty auf die andere Seite der Flussmündung an den Strand für ein ausgiebiges Bad im Atlantik. Auf dem Heimweg nehmen wir an der Strandbar noch einen eisgekühlten roten Sangria. Sehr, sehr schmackhaft und ganz anders als wir Deutschen ihn aus dem Supermarkt kennen.

Abends gehen wir Ankerwache – die ganze Nacht. Das Leben einer Bergziege ist für einen Segler einfach zu anstrengend.

Freitag, 02.10.2015

Mit abfließenden Hochwasser lichten wir nach einer nur kurzen Nacht um 0835 den Anker, um diesen außerhalb der Flussmündung gleich wieder zu setzen. Der Atlantik zeigt sich von seiner ruhigen Seite, die Sonne scheint.

Wir frühstücken wieder an Deck und gehen dann direkt zu einer Badekur über. Echt erfrischend.

Da Wind nicht in Aussicht steht, machen wir die Maschine an und gehen die letzten 8 Meilen unseres Törns nach Portimao. Dort bunkern wir als aller Erstes wieder Trinkwasser und verlegen die Elektrospring.

Auf unserem Landspaziergang schauen wir uns nach einer Fahrgelegenheit zum Flughafen in Faro um und gehen über den langen breiten Strand zurück zum Schiff. Portimao zeigt sich als Touristenhochburg, in der jedoch allmählig der Herbst Einzug hält. Dennoch haben diverse Strandbars für uns geöffnet und wir lassen uns zu einem Sangria hinreißen.

Abends kocht uns Heike eine feine Spaghettisoße aus Meeresfrüchten und Pulpo. Einfach lecker. Für unsere Gäste soll es die letzte Nacht an Bord der Qualle sein.

Samstag, 03.10.2015

Tag der Einheit, die Gäste gehen nach dem Frühstück von Bord. Ich versuche, ein Shuttle zum Flughafen in Faro klar zu machen, aber leider hat der Ticketshop geschlossen.

Wir verholen in die Werft, um die Winterliegeplatzmöglichkeiten zu erkunden. Dabei landen wir in einem Fischrestaurant, das 24 Stunden geöffnet hat und unmittelbar neben der Werft nix mit Tourismus zu tun hat, dafür aber der Fisch sehr frisch serviert wird.

Von dort aus gehen wir hinter die Hafenmole von Portimao vor Anker und genießen der Tag.

Bis Nachts um 0100 halten wir wieder Ankerwache, um kein böses Erwachen zu riskieren.

Sonntag, 04.10.2015

Nach Frühstück und Baden lichten wir den Anker und gehen den Katzensprung zurück in die Marina. Das Wetter ist grau in grau, wirkt regnerisch. Nicht besonders einladend. Aber nun gut, morgen fliegen Heike und ich sowie Peterle nach Hause. Der Transfer nach Faro hätte für 3 Erwachsene 55 Euro gekostet. Da Berni jedoch noch ein paar Besorgungen für den Winter erledigen will, bekommen wir über die Marina einen kleinen Polo als Mietwagen.

Mit diesem besuchen wir einen hier ansässigen Decathlon und einen Supermarkt, kaufen Portwein für den letzten Abend.

Montag, 05.10.2015

Frühstück, Schiff sauber machen und Abschied von der Qualle. Um 1000 steigen 5 Erwachsene mit drei Mal Reisegepäck in den kleinen Polo… das ist schon enge…. aber der Kleine bringt uns gut die 70 Kilometer zum Flughafen nach Faro. Mein Flieger geht zu erst, der Check in öffnet. Knuddeln, Kussi und Umarmen. Ein kurzer schmerzloser Abschied… bis zur Heimreise in die geliebte Ostsee.

Euer
Patrick
Unterwegs und Berlin, 11.10.2015



Zurück zur Übersicht